Meine Lieblingsstelle im Würzburger Hofgarten ist eine Treppe. Nämlich die Treppe, die den Ostteil des Gartens mit dem Südgarten verbindet. Von ganz oben am Ende der Stiege kann man beide Teile des Parks überblicken. Wunderschön sichtbar wird da die vielseitige Art der Gartenkonzeption von Johann Prokop Mayer. Dieser arbeitete als Hofgärtner unter dem Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim und legte den Garten an.
Die Würzburger Residenz und ihre Grünanlagen entstanden in der Zeit des Barock. Das ist die Zeit des französischen Sonnenkönigs und die Zeit des Absolutismus, in der auch das Schloss Versailles errichtet wurde, eine der größten Palastanlagen Europas. Der Würzburger Fürstbischof wollte diesen Prunk nachahmen. Seine Vorstellung war daher neben dem Schloss auch ein mehrere tausend Hektar großer Garten. Dies war jedoch nicht möglich, da der Garten durch die Stadtmauer begrenzt wurde, die Würzburg am Ufer rechts des Mains umgab. Balthasar Neumann, Baumeister der Würzburger Residenz, kam deshalb auf die glorreiche Idee, die Stadtmauer in die Gestaltung des Gartens einzubeziehen.
Rokoko-Putten im Ostgarten
Insgesamt gliedert sich der Schlosspark in drei Bereiche: den Ost- und Südgarten sowie den englischen Garten – alle drei in etwa gleich groß. Der Ostgarten schließt sich direkt an den Gartensaal des Schlosses an und ist terrassenförmig mit zwei symmetrischen Lauben- und Treppenaufgängen sowie auf halber Höhe mit einer kleinen Terrasse angelegt. Dadurch fällt die Begrenzung durch die alte Stadtmauer auf den ersten Blick gar nicht auf. Im Ostgarten verteilt stehen Putten von Johann Peter Wagner, ein Künstler, der auch am Innenausbau der Würzburger Residenz beteiligt war. Der Bildhauer gilt als einer der Hauptvertreter der Rokokoplastik in Mainfranken.
Europa im Süden
Geht man vom Ostgarten die Treppe hinunter, gelangt man in den Südgarten. Diesen konnte der Fürstbischhof von seinen Privatgemächern aus überblicken. Denn er bewohnte den rechten Flügel der Residenz, an den die Hofkirche und der Südgarten anschließen. Dieser Teil des Hofgartens schließt mit der Orangerie, hinter der sich der Nutzgarten befindet, ab. Hier wechseln sich Gehwege, Rasen- und angelegte Gartenfläche ab. Die Eibenbäume sind in Kegelform geschnitten und ein kleiner Teich mit Brunnen und Figuren aus der griechischen Mythologie ziert die Anlage. Dargestellt sind der „Raub der Proserpina“ und der „Raub der Europa“.
Wo die Natur Natur sein darf
Eine Promenadengang grenzt noch heute den Südgarten vom dritten, dem englischen Teil des Gartens ab. Im Gegensatz zu den Barockgärten, die die Natur in Formen zwang, ist der englische Garten ein Landschaftsgarten – mit naturbelassener Flora und Fauna.
Zugänge zum Hofgarten sind im Rennweg, direkt neben der Hofkirche und am Josef-Stangl Platz. Über den Rennweg und den Schlossvorplatz betritt man den Garten durch schmiedeeiserne Gittertore von Johann Georg Oegg, dem Tiroler „König der Schmiedekunst“.