Blühende Rosen sind im Sommer eine echte Augenweide in unseren Weingärten. Gepflanzt werden sie aber nicht zur Freude von Blumenfreunden, sondern als indirekter Schutz für die Reben. Sie zeigen nämlich die Gefahr von Mehltau an.
Schwer zu sagen, was ich lieber mag: die Weinberge im Frühjahr, wenn das erste Grün die Rebstöcke schmückt? Im Mai und Juni während der Blüte der Reben? Im Spätsommer, wenn die Trauben vollreif an den Stöcken hängen – ganz kurz vor der Lese?
Unsere Weinberge haben wirklich zu jeder Jahreszeit ihren eigenen Reiz. Für mich gibt’s allerdings noch eine ganz besondere Zeit im Weinberg: Ganz besonders gern streife ich zwischen den Reben umher, wenn dort im Juni und Juli die Rosen blühen. Sie stehen am Anfang und am Ende vieler Rebzeilen und sie sind einfach ein Genuss für die Sinne – in Rot und Rosa, in Gelb und Weiß.
Die Weisheit der Natur
Allerdings pflanzen unsere Winzer die Rosenstöcke nicht in erster Linie zum Vergnügen der Spaziergänger an. Sie nutzen die Weisheit der Natur – durch die Blume sozusagen. Weinrebe und Rose sind nämlich anfällig für die gleichen Krankheiten und Schädlinge. Dabei sind die Rosen sehr viel empfindsamer als die robusten Trauben. Als sogenannte Indikatorpflanzen zeigen sie bei Befall viel früher Symptome als der Weinstock. Während der Wein also beispielsweise noch an einem Befall mit Mehltau brütet, hat’s die zarte Rose schon voll erwischt. Wenn sich auf den Rosenblättern erste Anzeichen des weißen Belags zeigen, können die Winzer noch rechtzeitig reagieren und durch entsprechende Gegenmaßnahmen ihre Rebstöcke und letztlich ihre Ernte und den Wein retten.
Für Artenvielfalt und Schlaumeier
Entdeckt haben die auskunftsfreudige Art der Rosen übrigens Mönche im französischen Burgund: Sie erkannten bereits Mitte des 19. Jahrhunderts, dass Rosen in der Nähe von Weinstöcken Symptome von Pilzbefall lange vor den Reben zeigten. Heute stimmen viele Winzer die Farben der Rosen mit dem Wein ab: rote Rosen zu roten Trauben, helle Rosen zum Weißwein – perfekt für Besserwisser, die schon im Frühsommer sagen können, welche Farbe die Trauben in welcher Zeile entwickeln werden.
Übrigens unterstützen die Rosenstöcke auch die Artenvielfalt in unseren Weinbergen. Sie dienen Bienen und anderen Insekten als Nahrungsquelle und Unterschlupf. Außerdem halten ihre Wurzeln die Erde am Rande der Rebzeilen zusammen, können also der Erosion im Weinberg entgegenwirken.